Die Emmauskirche

Wer sich heute auf dem Weg zur Emmauskirche in Neusäß macht, nimmt auch wahr, in welcher zentralen Lage in Neusäß sich die Kirche befindet: direkt an der Hauptstraße mit einer vielbefahrenen Straßenkreuzung gelegen, in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs und am Rande zu mehreren Wohngebieten. Tatsächlich hatten die Mitglieder des Kirchenvorstandes am Ende der neunzehnhundertsechziger Jahre es keineswegs dem Zufall überlassen, wo ein passendes Kirchengrundstück liegen sollte. Orientiert an der Wohnung der einzelnen Gemeindemitglieder ergab sich als Schwerpunkt ein Gebiet nördlich des Bahnhofs. Ein dort vorhandenes unbebautes Grundstück in passender Größe konnte nach reichlicher Überzeugungsarbeit bei kirchlichen und politischen Instanzen erworben werden.
Dort entsteht in den Jahren 1974 – 1975 eine Mehrzweckkirche. Kirchenraum und Gemeindezentrum, entwickelt vom Neusässer Architekten Hans Schrammel, werden am 08. Juni 1975 feierlich eingeweiht. Die neue Kirche erhält den Namen „Emmauskirche“. Aus der seit 1967 genutzten Montagekirche in der Nähe des Neusässer Friedhofs wurden Glocke und Kircheneinrichtung übernommen.
Letztendlich litt der Bau mit der Zeit erheblich unter den Mängeln des Flachdachs, so dass trotz wiederholter Reparaturen sich der bauliche Zustand immer weiter verschlechterte und eine Gesamtsanierung unausweichlich erschien. Damit verbunden entschied sich der damalige Kirchenvorstand für eine Neugestaltung des Kircheninnenraums.
Der heutige Kirchenbau begegnet dem Besucher seit dem Frühjahr 2000 nach grundlegender Sanierung und Umbau sowohl im Eingangsbereich als auch im Kircheninnenraum hell und licht- durchflutet. Ob Stein oder Glas, alle Materialien haben eine angenehme und lebendige Ausstrahlung. Je nach Tageszeit ergeben sich durch das von allen Seiten durch eine umlaufende Verglasung einfallende Tageslicht verschiedenste Effekte der Beleuchtung. Das macht gerade den Altarraum auch außerhalb der Gottesdienste zu einem reizvollen Ort der Meditation und Inspiration, unabhängig davon, wo im Altarraum man mit seinen hufeisenförmig angelegten Bänken Platz nimmt.
Die künstlerische Ausgestaltung war seinerzeit an das Ehepaar, Heike und Jiri Mayr, Steinbildhauer aus Augsburg, übertragen worden. Eine Skulptur aus hellem Bayerwaldgranit domininiert den Hintergrund des Altarraums. Einerseits wird das Kreuz durch die Mehrteiligkeit und Anordnung thematisiert in Hinblick auf die Auferstehung Christi. Andrerseits betont der innere Aufbau Senkrechte und Waagrechte so, dass Assoziationen zu grundlegenden menschlichen Zuständen wie Stehen, Liegen, Lasten und Tragen entstehen können. Mit der dahinter befindlichen Wandscheibe an der Westwand scheint der Raum über sich hinaus zu wachsen und in Verbindung mit der Skulptur den räumlichen Bezug Erde-Himmel nochmals aufzunehmen.
Der Altartisch wiederum, in den Kircheninnenraum gerückt, greift die Kreuzthematik nochmals mit der Form der Tischplatte und dem tragendem Mittelstein auf. Auf der Tischplatte eingearbeitet befindet sich zudem ein kleines Altarkreuz aus Halbedelsteinen. Im Kontrast dazu ist der leichtfüßig erscheinende Ambo aus Eschenholz. Seine Klarheit und Transparenz stehen in inhaltlichem Bezug zum Wort. An den Wandflächen links und rechts der Apsis befindet sich ein mobiles Standkreuz links und ein Parament rechts. Letzeres erhält durch die insgesamt zurückhaltende Farbigkeit einen besonderen Stellenwert. Angefertigt von der Textilkünstlerin Andrea Dresely aus Pöttmes werden die liturgischen Farben Weiß, Violett, Rot und Grün im Lauf des Kirchenjahrs in ungegenständliche Sprache übersetzt und lassen damit Raum auch für individuelle Auseinandersetzung.
Raum für individuelle Auseinandersetzung und für Begegnung sei es bei Gottesdiensten, Andachten, und Konzerten, das scheint die Stärke des Kirchenbaus zu sein. Er wird von der Emmausgemeinde über die Jahre hinweg mit ihrem Motto „lebendig und offen“ in vielen Facetten aufgenommen und im Gemeindeleben ausgestaltet.

Zusammengestellt aus:

Gröpl, Josef: Kommt in mein Haus. Ökumenischer Kirchenführer im Landkreis Augsburg. Augsburg, 2019, 204 ff.
Festschrift zur Wiedereinweihung der sanierten und umgebauten Emmaus-Kirche Neusäß, April 2000, Eigenverlag
Emmaus-Gemeinde-Brief. 25 Jahre Evang.-luth. Kirchengemeinde Neusäß – Emmauskirche. Sept.- Dez. 1992, Eigenverlag